Royal Enfield Interceptor Series II

07.09.2005 - Die Sichtung des Schadens der letzten Kurztour steht
an - nach Demontage des Primärdeckels offenbart sich sofort:
Der Gestank von verbrannter Elektrik umschmeichelt meine Nase
lange, bevor ich den Deckel in der Hand halte. Darunter sieht's wüst
aus, da der Stator der Lichtmaschine praktisch geschmolzen ist...
Im Primärgehäuse hat sich eine widerliche Mischung aus
geschmolzenen und wieder erstarrter Vergussmasse und dem aus
dem Getriebe entfleuchten Fließfett verteilt. Mit zwei Dosen Bremsen-
reiniger bewaffnet rücke ich dem Schlamassel zu Leibe, die Ursache
des Desasters bleibt mir aber vorerst ein Rätsel. Deshalb rufe ich
mal wieder Hr. Weigelt an, der mir erklärt, das die Lichtmaschine
für die höheren Temperaturen beim Betrieb einer Trockenkupplung
nebst Zahnriemen nicht geeignet ist - in den Primärdeckel müssten
Lüftungsschlitze gefräst werden, ein Ansinnen, dass ich wegen der
nicht mehr zu ersetzenden Teile nicht umsetzen möchte. Somit bliebe
nur noch, die teure Trockenkupplung gegen die Version mit Primär-
kette zu ersetzen, die gleichfalls recht teuer ist. Mit dieser Aussage
und ein paar Fotos konfrontiert, weist Hitchcocks dies jedoch von
sich - die Lichtmaschine sei für diese Bedingungen konzipiert, etliche
Singles und Twins fahren genau mit dieser Konstellation herum und
haben keine Probleme... Was nun? Ich rufe noch meinen alten Spezi
(Tach, Benno) an, der die Ursache irgendwo in der Mitte der beiden
Anderen vermutet, Ich werde nun erstmal den bereits gekauften
Stator verbauen und die Geschichte beobachten. Raucht auch diese
wieder ab, werde ich in England eine von Hitchcocks bevorzugte
120 Watt Original Lucas Lichtmaschine bestellen. Bleibt allerdings
auch diese auf der Strecke, dann kann ich nur noch komplett wieder
umrüsten und das Geraffel mit Primärkette wieder montieren.

Der verbrannte
Lichtmaschinenstator
Der angekokelte Rotor Reichlich Abrieb
im Primärdeckel

10.09.2005 - Nachdem ich alle Teile sorgfältig gereinigt habe,
montiere ich den neuen Lichtmaschinen- Stator und stelle fest, dass
auch dieser nicht so recht passt. Mit dem Minischleifer stelle ich das
benötigte Spiel zwischen Rotor und Stator her und möchte natürlich
das Ergebnis mit dem erst kürzlich erworbenen Tester prüfen - leider
hat dieser den Geist aufgegeben... Grrr... Gut, dann muss eine wage-
mutige Probefahrt die Funktionsfähigkeit beweisen. Nach ein paar
Kilometern höre ich allerdings ein Heulgeräusch aus dem Primär-
deckel, dass mich schleunigst wieder umkehren lässt.

11.09.2005 - Der Motor ist wieder abgekühlt, der Primärdeckel
schnell geöffnet. Die ohnehin erwartete Dauerschmierung durch das
Getriebefließfett erwartet mich - und eine kräftige Scheuerstelle am
Lima- Rotor! Verdammt, hat sich der Stator doch bewegt? Im Hand-
buch finde ich einen kleinen Hinweis, dass der Luftspalt zwischen
0,15 und 0,20 inches (also glatt 0,5mm) eingestellt werden soll.
Das bekomme ich mit dem Minischleifer nicht hin, darum demontiere
ich auch noch den Rotor, damit der Dreher ihm einige Zehntel ab-
drehen kann. Während ich auf meinen Freund (Hallo, Uwe) warte, der
mal ein Auge auf den defekten Bosch- Tester werfen will, mache ich
mich auf die Suche nach der Ursache für den Austritt des Fettes in
den Primärkasten. Das Fett tritt durch die hohl gebohrte Hauptwelle
des Getriebes, durch die die Kupplungsdruckstange läuft, in der Mitte
der Kupplung aus. Betrachte ich mir aber die defekte Welle meines
alten Getriebes, so ist das eigentlich nicht möglich - die Welle hat
bei ihrem Durchgang durch das Getriebe keinen Zugang zum Fett,
die eine Öffnung ragt in den trockenen rechten Deckel, die andere
in das Primärgehäuse. Das kann nur bedeuten, dass eine Welle
mit Durchbohrungen montiert ist, die in dem Getriebe aber nichts
verloren hat! Abhilfe könnte ggf. ein neu zu fertigender Druckpilz
bringen, der etwas strammer in der ohnehin zu groß gebohrten
falschen Welle sitzt, eventuell noch mit einer Nut für einen Gummi-
dichtring versehen. Auch das soll sich der Dreher mal ansehen.
Mit zwei mir bekannten Interceptor- Besitzern (Vielen Dank Hr. L.
und Hr. H. für die Mühen) nehme ich unterdessen Kontakt auf, um
einige weitere Fragen zu klären, die mir bei der Entscheidung helfen
könnten, ob Motor und Getriebe ein zweites Mal ausgebaut und
überholt werden sollen - soweit bin ich jetzt schon...

14.09.2005 - Der Dreher war fleißig und hat den Rotor der Licht-
maschine um 3 Zehntel abgedreht und den Druckpilz der Kupplung
nachgefertigt, mit einer Nut für einen Dichtring. Abends probiere ich
schnell die Passung aus - der Druckpilz ist eigentlich immer noch
etwas zu dünn, sollte aber besser abdichten als das Originalteil.
Man wird sehen...

17.09.2005 - Als Erstes reinige ich die Kupplungsscheiben vom
Getriebefließfett, das Zusammensetzen und Einstellen der Feder-
vorspannung geht flott vonstatten. Der Rotor sitzt zwar, aber die
Distanzbuchse muss eine Kleinigkeit abgeschliffen werden, sonst
hat er etwas Spiel. In der Werkstatt rutscht mir das Teil aus der Hand
und kullert in irgendeine Ecke. Trotz intensiver Suche finde ich die
Buchse nicht mehr wieder, irgendwie passt das mal wieder hervor-
ragend ins Bild... Im nächsten Baumarkt suche ich daraufhin nach
einem passenden Rundmaterial, dass sich zu einer neuen Buchse
verarbeiten lässt. Bis ich mit Hilfe der Ständerbohrmaschine, ein
paar Feilen, Schleifpapier und verschiedenen Bohrern daraus eine
(wenn auch nicht sehr schöne) Buchse gefertigt habe, ist der
Samstag schon wieder fast zu Ende. Wieder zurück am Mopped
setze ich die Lichtmaschine zusammen, muss aber feststellen,
dass der Rotor nur deshalb Spiel hat, weil der innere Ring sich
gegen den Magnetring verdrehen kann - der Rotor ist damit eigentlich
im Eimer... Aber für den Moment montiere ich das Teil und setze
den Stator an seinen Platz. Die Kabel werden verlötet und isoliert,
der Primärdeckel gesäubert und montiert. Der frisch reparierte
Motortester zeigt an, dass die Lichtmaschine arbeitet - starten wir
eine kleine Proberunde. Nur mit Arbeitsanzug und Helm bekleidet,
ist's mittlerweile ganz schön kühl, aber das ist mir jetzt wurscht.
Bei nächster Gelegenheit darf sich der Dreher meinen Ersatz- Rotor
vornehmen und ihn nach dem Muster des alten Teils bearbeiten.

18.09.2005 - Nachdem ich den Primärdeckel noch einmal geöffnet
und nach dem Rechten gesehen habe, halte ich es nicht mehr aus:
Das Wetter ist einfach zu verlockend... :-) Der Motor läuft, einige
Ersatzteile und Werkzeug sind schnell gepackt und ab geht's.
Die Enfield brummelt sehr schön, lediglich das laute Klappern des
Ventiltriebs und der störrische 3. Gang stören die Harmonie von
Mensch und Maschine. Nach 60 Meilen kann ich vorläufig keine
weiteren Schäden (mit Ausnahme der bereits bekannten) feststellen.
Gibt's eine schönere Art und Weise, genüsslich ein paar Liter des
teuren Benzins ab zu fackeln?

horizontal rule

Letztes Update: 18.09.2005